MANALTAK – Kritik eines Hörspiels

Am 15. Juni 2012 erschien das bereits im letzten Jahr angekündigte Hörspiel „MANALTAK“ als 7. Folge der Horror-Hörspielreihe „Schrei der Angst“. Ich habe mir natürlich gleich eine CD besorgt, hatte ich doch im Vorfeld von der Autorin Sandra Gambino selbst erfahren, dass sie ein Hörspiel „im Stil von Blair Witch Project“ plane. Telefonisch hatte sie mich zum Brieselanger Wald befragt und wollte wissen, ob dieser eine gute Kulisse für ihr Hörspiel abgäbe. Nun, warum nicht? „Das Licht“ ist längst angekommen im medialen Wald; ein gern aufgegriffenes Thema in Zeitungen, Radiosendungen und TV-Boulevard-Magazinen. Auch Romane und Rapsongs haben sich „des Lichts“ angenommen. Nun also noch ein Hörspiel.

Privat bin ich durchaus bekennender Horror-Fan, auch wenn es in der realen Welt für mich eher mit rechten Dingen zugeht und ich es bevorzuge, Phänomenen wie „dem Brieselanger Licht“ mit wissenschaftlichen Methoden auf den Grund zu gehen. Aber das sind zwei verschiedene Welten. Von daher freut es mich, wenn ein solches Horror-Hörspiel das Licht der Welt erblickt – zumal die Verknüpfung mit dem Brieselanger Licht schon spannend ist. Sicher, MANALTAK erfindet das Genre nicht neu. Wer seine Protagonisten Studenten sein lässt und diese in einen Spukwald schickt, muss sich einfach den Vergleich zum „Blair Witch Project“ gefallen lassen. Aber wie bereits geschrieben, hatte die Autorin auch nichts Anderes im Sinn. Es ist demnach mehr Sandra Gambinos Version bekannter Geschichten:

Eine Gruppe junger Medienstudenten wollen dem Geheimnis der sagenumwobenen Lichter des Brieselanger Waldes auf den Grund gehen. Doch aus dem schaurig schönen Ausflug wird ein Drogentrip ohne Wiederkehr, denn die 4 haben die Wirkkung von Magic Mushrooms unterschätzt. Als Nora nackt und entstellt auf der Landstraße aufgelesen wird, ist sie dem Wahnsinn verfallen. Nur durch ihre Tonbandaufnahmen wird das grauenvolle Erlebnis rekonstruierbar.

Mit den Stimmen von: Helmut Krauss (Stimme von Marlon Brando), Eckard Dux (Stimme von Anthony Perkins), Patrick Bach (Stimme von Samweis Gamdschie – Herr der Ringe), Martin Sabel (Stimme von John Wayne / Joel King), Ernst Meincke (Stimme von Captain Picard) und Wolfgang Jürgen (Stimme von Charlton Heston). Aus der Feder von Sandra Gambino. Produziert von Marc Fehse.

Die Sprecher erweisen sich als hochkarätig, auch wenn ich die Dialoge und den künstlich erscheinenden Jugendslang streckenweise sehr anstregend fand. Die Atmosphäre ist ausgesprochen stimmig, der Soundtrack (in Zusammenarbeit mit Victor Spiegel, „Dolls“) tut sein Übriges. Die Geschichte selbst bedient sich zahlreicher Klischees. Es beginnt in einem Krankenhaus. Hier ist die junge Nora untergebracht, die zuvor entstellt und nackt auf einer Landstraße bei Brieselang aufgegriffen wurde. Ein junger Arzt sichtet nun die ebenfalls aufgefundenen Tonbandaufnahmen/Speicherkarten (das Hörspiel kann also durchaus dem „Found Footage„-Genre zugordnet werden, auch wenn von den Hörspielmachern der Versuch gar nicht erst unternommen wurde, so zu tun als handele es sich um „echte“ Aufnahmen). Dann beginnt der „(Drogen)-Trip ohne Wiederkehr“ im Wald von Brieselang. Wir erfahren von den unheimlichen Lichtern und den Legenden, die darum entstanden sind. Genannt wird (natürlich) die Sage vom ermordeten Mädchen sowie Theorien über Drohnen außerirdischer Besucher, dem Geheimlabor und Mutanten sowie Hexen-Kulte. Das gehört sozusagen dazu, wenn man über Brieselang spricht. Hinzu kommt nun noch ein Halluzinogen in Form von Magic Mushrooms und der Alptraum beginnt. Ich will nicht zu sehr spoilern und halte mich daher etwas zurück.

Natürlich interessieren mich bei diesem Hörspiel besonders die Verknüpfungen zur echten Brieselang-Sage. Bis auf die Nennung des Ortsnamens und die Aufzählung der Brieselang-Geschichten kommen diese jedoch so gut wie gar nicht vor. Der Wald ist austauschbar, an der Stelle merkt man, dass die Idee da war, bevor man sich auf den Ort festgelegt hat.

Die gruselige Auflösung verwebt dann letztlich einige der bestehenden Sagen miteinander und vermixt Hexen, Gnome und gehäutete Menschen mit einem heidnischen Reinkarnations-Ritual. Dabei geizt das Hörspiel nicht mit hörbaren Splatter-Effekten. Tatsächlich ist dies nichts für Zartbesaitete. Ein „Hörspiel für Erwachsende“, wie man auch dem Inlay entnehmen kann, auch wenn ein expliziter Altershinweis nicht angegeben ist.

Ein paar Worte noch zur Aufmachung und dem Layout der Verpackung: Das gesamte Artwork ist recht ansprechend gelungen. Das Titelbild unter dem Schrei-der-Angst-Schriftzug zeigt die über die Landstraße irrende, gruselig entstellte Nora. Grafisch passend und mit viel Liebe gestaltet. Etwas getrübt wird der positive Eindruck des Artworks durch einige Fehler bei Grammatik („Eine Gruppe junger Medienstudenten wollen[…]“), Rechtschreibung („Briselang“) und Inhalt (Track 12 ist im Booklet mit „Herz aus Glas“ betitelt, auf der CD heißt es „Rotes Herz“). Nun gut, so schlimm ist das auch nicht, ich wollte es aber erwähnt haben.
Nette Zugaben am Ende sind die Kurzgeschichte „Rotes Herz“ und der Song „Der Wald von Brieselang“ von Pint und Dikan. Da kann man nicht meckern.

Alles in Allem finde ich das Hörspiel dem Genre entsprechend OK. Ein Horrorhörspiel eben, das eine fiktive Geschichte im Umfeld von existierenden Legenden ansiedelt. Der Horrorfan wird sicher vor allem am Gemetzel seine Freude haben, der Brieselang-Kenner an den Hinweisen auf die echte SAge. Letztlich muss man wohl auch damit rechnen, dass das Hörspiel weitere Besucher in den Wald locken wird. Aber dieser Trend wird mit fortschreitender medialer Aufarbeitung des Themas nicht aufzuhalten sein.

Der OhrCast 8 (http://www.youtube.com/watch?v=IxAyZUTOa8g, ab 8:27) hat übrigens ebenfalls einen kurzen Kommentar veröffentlicht; Stichwort: „Schmatziger Grusel“. Dann findet sich noch auf Literra eine Rezension. Ansonsten konnte ich bisher so gut wie keine Kritiken oder Hörermeinungen ausmachen. Schade, mich hätte an dieser Stelle schon interessiert, wie das Hörspiel denn so ankommt. Lediglich auf dem Inlay der CD ist ein knapper Hinweis auf eine Rezension im VIRUS Magazin. Ich werde diesbezüglich die kommenden Ausgaben mal im Auge behalten.

Und weil man nicht weiß, wer von den Hörern die fiktiven Ereignisse für bare Münze nimmt und das Gehörte der bereits existierenden Brieselanger-Licht-Sagehinzufügt, hier noch mal der Hinweis: In Wahrheit ist nichts bekannt von verschwundenen Studenten im Brieselanger Wald. Ich weiß, ich bin ein Spielverderber.

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