Interessanter Zeugenbericht aus den Achtzigern

Thomas Gitzel vom Brieselanger Radfahrverein spielte mir folgenden Bericht des Brieselangers J.P. zu:

„Ich war sehr überrascht jetzt noch etwas vom „Leuchter“ zu lesen. Mir kamen gleich wieder lustige aber auch gruslige Erinnerungen. Ich habe überlegt ob es um 1983 oder doch zwei, drei Jahre später war, als meine Kumpels und ich dem Phänomen nachjagten, nächtelang. Die Erklärung, dass es Autos von der sehr weit entfernten Strasse sein sollen, kann ich nach meinen Erfahrungen nicht teilen…

Ich werde mich jetzt nicht mehr Stundenlang in den Wald stellen, aber mich interessiert es schon bis wann und wie die Sache weiter verfolgt wurde. Nun, was ich alles so gelesen habe ist ja wirklich sehr utopisch. Grüne, bunte und schwebende Lichter habe ich nie gesehen. Aber der Leuchter entwickelt sich ja auch weiter. Aber jetzt im ernst, ich schreibe Dir meine bzw. unsere Erlebnisse. Man muß aber bedenken, daß es fast zwanzig Jahre her ist als wir dem Leuchter nachjagten.

Ich glaube es war 1982-83, wir hatten schon alle unsere Mopeds und hatten uns fast jeden Tag im Waldcafe getroffen (gegenüber vom See). Es waren zwei meiner Freunde die das Licht entdeckt hatten, einer ist leider schon verstorben. Der andere wohnte in der Nähe des Waldes und hörte Nachts öfter Schreie, nicht so wie Hilferufe sondern eher die eines Irren. Außerdem hörte es sich an als klapperte man mit einer Kiste Geschirr. Also sind sie mal am Abend mit den Mopeds in den Wald gefahren und haben das Licht gesehen.

Ist es eigentlich noch der gleiche Weg wie damals? Birkenallee bis zum Ende dann links rum und dann den ersten Waldweg rechts rein und schon ist man da. Unsere beiden Kumpels hatten uns davon erzählt, so sind wir dann irgend wann im dunklen vielleicht mit zehn Mopeds dort hin. Damals war am Anfang des Weges ein Knick, wir sind meistens ca. 150m ? bis zum ersten rechts abgehenden Weg gefahren , dort war auf der rechten Waldseite eine Lichtung. Ich habe gelesen, daß das Licht wenn es plötzlich hinter einen war auch von Autos von der Falkenstr. kommen soll. Durch den Knick am Anfang halte ich es für ausgeschlossen, nebenbei, vorne ist es auch kein Auto von der Chaussee.

Ob wir gleich am ersten Abend den Leuchter sahen weiß ich nicht mehr. Wir waren sehr oft dort und oft war das Licht da , aber nicht immer. Es war sicher eine Taschenlampe etwas anderes hatten wir nie im verdacht. Uns interessierte nur wer dort sein Unwesen treibt. Wenn wir der Stelle entgegen gingen, (etwa 800-1000 Meter von unseren Standort ), an der zuvor das Licht war, kam es manchmal vor daß das Licht in der Nähe unseres Platzes war. Von uns hatte sich aber keiner abgesetzt. Das war ganz schön eigenartig wie „es“ in der Zeit den Ort gewechselt hat, denn wir sind auch mit den Mopeds hoch gefahren. Das ist schon rätselhaft.

Einmal haben wir uns in der Dämmerung in den Wald gelegt, den ganzen Weg entlang. Ca. 30 Jugendliche bewaffnet mit Knüppeln, Beilen ,Messern und Feuerwehrhandscheinwerfer. Es kam auch einer der sich anschlich und leuchtete aber es war einer von uns, er wollte sich ein Spaß machen. Das er nicht erschlagen wurde war schon erstaunlich. Einige sind ihm nach gejagt bis er sich zu erkennen gab. Doch als wir alle beisammen waren kam das echte Licht. Wir haben es nicht erwischt. Es war schon 23 Uhr an diesen Tag und mein Freund und ich hätten schon längst zu Hause sein müssen doch wir waren alle ganz weit hinten. Die Mopeds waren am Anfang. Die anderen wollten aber noch nicht los, also sind mein Kumpel und ich alleine zurück. Uns war garnicht wohl. Plötzlich 200 Meter vor unseren Mopeds hörten wir es zweimal klingen und etwas rannte wie wild durch den Wald von uns weg. Wir haben uns bald in die Hose gemacht. Trotzdem sind wir zwei, ein paar Meter rein in den Wald von wo das klingen kam. Wir fanden zwei alte grüne Weinflaschen. „Man“ hatte sie aneinander gehauen, daß war das Geräusch.

Mit dem selben Freund bin ich mal Nachts um drei im Wald gewesen , da hatten wir ein rotes Licht gesehen, es muß ein Fahrradrücklicht gewesen sein. Allerdings war es an einer Weg, aber wir hatten zuviel Schiß und sind nicht hinterher gefahren. Ich glaube es war auch erst ein Jahr später.

Also ich denke es war bei uns das Licht einer Taschenlampe. Ob es doch einer von uns war? Ich glaube es nicht. Wir sind oft spontan hingefahren und haben es gesehen. Achso, wie gesagt wir waren mit den Mopeds da, haben uns vorne hingestellt und ab und zu unser Mopedlicht angemacht. Es dauerte unterschiedlich lang bis es zurück leuchtete. Ich glaube es hat immer nur kurz geleuchtet genau weiß ich es nicht mehr.

So mehr fällt mir jetzt nicht ein. Namen von Freunden lasse ich weg.“

Anmerkungen: Der Bericht gestaltet sich äußerst interessant. Zunächst fällt auf, dass die Ereignisse bereits um 1980 herum stattgefunden haben und somit die Aussage des Stellv.-Bürgermeisters mir gegenüber, das Licht sei erstmals Mitte der Neunziger aufgetaucht, in Frage gestellt werden muss. Es gab also scheinbar bereits früher Berichte darüber. Das tatsächliche Alter konnte allerdings noch immer nicht von mir bestimmt werden.

Es ist natürlich problematisch, wenn Sichtungen so lange Zeit zurück liegen. Die Erinnerungen werden ja schließlich auch nicht besser, was J.P. per Email auch selbst einräumte:

„Einiges habe ich sicher auch schon vergessen. Wenn man überlegt wie lange das her ist, da merkt man erst wie „alt“ man schon ist.“

Für einen Zeugen ist es nicht selbstverständlich, den durchaus normalen Vorgang des Vergessens bzw. Verschwimmens der Erinnerung, einzusehen und zu berücksichtigen. Vielmehr pochen viele Berichterstatter darauf, dass sich alles genau so abgespielt hat, wie sie es beschrieben haben. Dabei muss der Untersucher deutlich unterscheiden zwischen der objektiven und der subjektiven Wirklichkeit und dies in seine Arbeit mit einfließen lassen. Im vorliegenden Fall erkannte der Zeuge jedoch selbst, dass die Erinnerung verblasst.

Gleich zu Anfang spricht JP von der Autoscheinwerfer-Erklärung, die offensichtlich damals schon existierte, und spricht dieser einem Zusammenhang mit seiner Sichtung ab. Da ist natürlich wieder der Trugschluss gemacht worden, dass ALLE Lichter mit AUTOSCHEINWERFER erklärt werden. Dem ist natürlich nicht so, wie wir wissen. Erst durch das Zusammenspiel aller Komponenten in Verbindung mit entsprechender Prädisposition und dem Mythos entsteht das Gesamt-Phänomen von Brieselang.

Irgendwelche utopischen Phänomene, wie sie heutzutage oft beschrieben werden, hatten sie allerdings nie gesehen. Dass sich das „Licht“ weiterentwickelt, ist eine ganz entscheidende Feststellung. Tatsächlich ist eine Entwicklung zu verzeichnen. Das liegt an der wachsenden Popularität und dem vermehrten Besuch, dem Zuwachs an neuen Stimuli und dem Hinzukommen neuer Mythen und soziologischer bzw. psychologischer Strukturen.

Beachtlich sind die Schreie. JP dazu:

„Wie schon im Bericht beschrieben wurde das Licht von meinen Freunden entdeckt, die wegen den Schreien in den Wald gefahren sind. Von irgendwelchen Legenden war bei uns nie die Rede.“

Für unseren Zeugen ist jedoch klar, dass da kein Geist oder so im Wald steckt:

„Also ich denke unser Licht war von einer Taschenlampe, vielleicht ein Irrer. Wir hatten auch an einen desatierten Russen gedacht, aber wenn man genauer nachdenkt ist es wohl eher unwahrscheinlich. Er hätte sich ja selbst verraten.“

Mag sein, dass der Mythos so seinen Anfang nahm und durch Schabernack mit Taschenlampe (plus Autoscheinwerfer) ausgelöst wurde, wobei er sich dann später verselbständigte.

2 Gedanken zu „Interessanter Zeugenbericht aus den Achtzigern“

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