Etwas hat mich mal wieder ein wenig geärgert. Grund dafür ist ein Artikel auf der Webseite der Financial Times Deutschland (was haben die eigentlich mit UFOs am Hut?) über das allseits beliebte CENAP. Pressemeldungen aus dem Hause Walter sind ja keine Seltenheit, aber die genannte ist zumindest nicht die erste, die das Thema „Genervt von UFO-Meldungen“ innehat. Lesen Sie jedoch zunächst einmal selbst:
Out of Office
Mehr Licht!
von Jarka Kubsova (Hamburg)In der Ufo-Meldezentrale in Mannheim steht das Telefon nicht mehr still: Noch nie wurden in Deutschland so viele unbekannte Flugobjekte gesichtet. Dabei ist die Erklärung für die geheimnisvollen Lichter ganz irdisch.
Voller Sorge beobachtet Hobbyastronom Werner Walter den Himmel. Die Sicht ist klar, die Nächte werden milder. „Das ist das Grausen, meine Nerven sind jetzt schon runter!“, sagt er. „Ich werde bis Montag das Telefon aushängen, fertig.“ Walters Telefon ist die Ufo-Hotline des Centralen Erforschungsnetzes außergewöhnlicher Himmelsphänomene (Cenap), das er seit 30 Jahren in Mannheim betreibt. Keine amtliche Stelle, aber Sternwarten und die Deutsche Flugsicherung verweisen gerne an sie, wenn mal wieder aufgeregte Anrufer unbekannte Flugobjekte melden.
Und diese Anrufe nehmen dramatisch zu. Noch nie hat es in Deutschland so viele Sichtungen gegeben. Höchstens 70 Mal läutete Walters Telefon früher pro Jahr, vor lauter Langeweile dachte er schon ans Aufhören. Doch dann wollte die Bimmelei nicht mehr verstummen. Die ersten aufgeregten Anrufe häuften sich an den Pfingstfeiertagen 2007, bis Ende des Jahres waren es mehr als 400. Dieses Jahr rechnet Walter mit mindestens 800 Anrufen. „Es sind immer die gleichen Parameter, die die Menschen melden“, sagt Walter: Orangerote Lichter, die in Formationen geräuschlos über den Himmel gleiten und einen unheimlichen Lichtschein verbreiten. Alien-Sonden müssten das sein oder irdische Geheimwaffen, hört Walter dann oft von seinen Anrufern.
Renner auf Grillpartys und Hochzeiten
Fast durchwegs handelt es sich tatsächlich um sogenannte asiatische Himmelslaternen. Die Reispapierballons werden mit einer Kerze gen Himmel geschickt und sind seit einem Jahr der Renner auf Grillpartys und Hochzeiten. „Die Laternen schließen sich, wie von einer intelligenten Macht gesteuert, zu Formationen zusammen“, sagt Walter. „Die Leute ahnen nicht, was sie damit anrichten.“ Je mehr Feste im Freien gefeiert werden, desto öfter läutet die Ufo-Hotline. „Wer die Laternen nicht kennt, kann sich nicht erklären, was das ist.“ Jeder zweite Anrufer sei erfüllt von Angst und Schrecken. Eine Laternenflotte, die direkt auf das Fenster einer Hochhauswohnung zuzusteuern schien, trieb eine Hamburgerin gar unter den Wohnzimmertisch. Über eine Stunde versteckte sie sich dort mit ihrem Handy, bis sie sich zur Hotline durchtelefoniert hatte.
Die Laternenmeldungen haben Walters Leben zwar betriebsamer gemacht, aber nicht aufregender. „Mir ist immer noch langweilig“, sagt er. Dass es irgendwo da draußen Leben gibt, glaubt er zwar immer noch, aber die Hoffnung auf einen Besuch außerirdischen Lebens in einer fliegenden Untertasse hat er aufgegeben. Sichtungen, die nicht auf die Laternen zurückgehen, kann er in der Regel schnell klären. Meistens handele es sich um sogenannte Feuer-Boliden. Im Grunde Sternschnuppen, nur sehr viel größer. „Es gibt jede Menge Müll im Universum“, sagt Walter. Und der komme in letzter Zeit immer öfter runter. Früher wurden die Feuerbälle, die mal bunt, mal grün-gelb leuchten, bloß alle paar Jahre beobachtet. Heute seien es schon mal ein bis zwei in einem halben Jahr. Häufig würden sie von Pendlern gesehen, die in der Morgendämmerung unterwegs sind. „Das ist wie ein himmlischer Lotto-Sechser“, sagt Walter. „Ich hab mir selbst schon Tausende Stunden den Hintern auf dem Acker abgefroren, aber habe bisher nur einen gesehen.“
Walter hat die Hoffnung, dass sich das Laternenproblem bald lösen wird. Anfang der 90er war er in einer ähnlichen Situation. Damals machten Großraumdiskotheken mit riesigen Schweinwerfern auf sich aufmerksam, deren Strahlen am nächtlichen Himmel kreisten. „Heutzutage ruft deswegen keiner mehr an“, sagt Walter, „aber es hat fast fünf Jahre gedauert, bis die Leute gelernt haben, was das ist.“
Und, wie geschrieben, nicht zum ersten Mal gibt Walter öffentlich (!) bekannt, dass er sich von zahlreichen Meldeeingängen genervt fühlt. Seine sinngemäße Aussage „Ich häng‘ das Telefon aus“ ist inzwischen (leider) fast schon legendär.
Natürlich hat ein jeder Mensch das Recht, sein Telefon auszuhängen, wann immer es ihm beliebt oder er sich durch Anrufe gestört fühlt. Schade nur, dass es sich in diesem Fall um eine als „öffentliche UFO-Hotline“ handelt (fälschlicherweise sehr oft als die einzige Hotline hierzulande bezeichnet). Natürlich darf auch hier die wohlverdiente Nachtruhe irgendwann einkehren. Auch kein Problem, aber ich denke, man muss seinen Frust nicht in die öffentliche Medienlandschaft tragen.
Die UFO-Forschung steht allgemein sowieso nicht gut da. Von seriös ganz zu schweigen. Und dann in der Öffentlichkeit noch über die vielen Anrufe meckern, obwohl man den Service anbietet. Ich stelle mir vor, dass ein Mitarbeiter der Telefonseelsorge (und manchmal ist ein UFO-Forscher nichts anderes) in einer Tageszeitung verkündet, dass er nicht mehr drangeht, wenn er manchmal etwas genervt ist. Falscher Job, würde ich dann sagen.
Aber bei CENAP (genauso wie bei sämtlichen anderen UFO-Hotlines) ist dieser Job selbst ausgesucht und die Anrufe hausgemacht (kein Wunder auch bei den zahlreichen Pressemitteilungen die Walter verfasst). Ein Auszug dazu aus dem CENAP-Newsticker von Werner Walter:
Da braucht es besonders viel Kraft, auch wenn mir dies jetzt selbst wie ein selbstverschuldeter Fluch vorkommt… Hätte ich nie gedacht und erwartet! All die vielen Jahre zuvor lief es ja auf dem für Old Germany typischen niedrigsten Niveau, oftmals geradezu langweilig, aber seit einem Jahr hat sich alles fundamental gewandelt. Die Dimensionen haben sich atemberaubend und drastisch verschoben, was aber dennoch langweilig ist, weil im Grunde es ja immer die selben Beobachtungsmeldungen nie erwarteten Ausmaßes sind. Aber Sie wissen ja Bescheid… – und ich werde immer mehr zum alten, gemütskranken Jammersack. 😉
Ohne Worte.
Übrigens kann man ja auch seinen Anrufbeantworter stumm schalten (sofern der sowas kann, im Hause CENAP scheint sich diese Investition aber auf jeden Fall zu lohnen). Dann vielleicht noch ein Hinweistext zur aktuellen Sichtungswelle draufgesprochen (plus die Zeiten, wann man wieder erreichbar ist), das wirkt viel seriöser. Auch kann man von vornherein Sprechzeiten festlegen, diese öffentlich machen und dann außerhalb dieser Zeiten stillschweigend (!) den Hörer aushängen.
Aber bitte, nicht mehr so laut in der Öffentlichkeit jammern. Das wirkt einfach nur unprofessionell. Danke fürs Zuhören.
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