Konstruktiver UFO-Forscher-Workshop in Hannover

GEP-Workshop

Immer, wenn man von einer UFO-Veranstaltung mit Workshop- oder Arbeitstagungscharakter ((Workshop- oder Arbeitstagungscharakter meint nicht reine Vortragsveranstaltungen, wo man einem Redner lauscht und man selbst – außer Fragen stellen – nicht viel beitragen kann. Das ist zwar auch nett und interessant (je nach dem, wer der Redner ist), aber eben etwas Anderes.)) zurückkehrt, ist der Kopf bis auf’s Äußerste angefüllt mit Ideen, Plänen und Projektkonzepten. So auch dieses Mal. Am 9. November 2014 fand in Hannover die Mitgliederversammlung der Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens e.V. statt und direkt im Anschluss ein Workshop über Projekte zur UFO-Forschung.

GEP-Tagung 2014: Twitter
T.A. Günter twittert vom Workshop für den GEP-Twitter-Kanal @UFOForschung.

Leider waren nicht viele Besucher dort: gerade mal 10 GEP-Mitglieder auf der internen Versammlung, 2 weitere Besucher stießen zum Workshop hinzu, nämlich ein Vorstandsmitglied der MUFON-CES und die Leiterin einer alteingesessenen Hannoveraner UFO-Gruppe. Der interne Charakter war also durchaus gegeben, die üblichen Verdächtigen sind es letztlich, die die aktive UFO-Forschung am Leben erhalten ((Was für mich die Frage aufwirft, weshalb das so ist. Hier im Speziellen: sind Veranstaltungen, die eher Workshop- und Arbeitstagungscharakter haben nicht interessant genug? Vielleicht mag ja jemand in den Kommentaren seine Meinung dazu hinterlassen.)). So war es natürlich auch wieder eines der Themen, wie man Leute motivieren kann, auch etwas beizutragen. Von da aus war es nicht weit bis zur Frage, wie sich Fallermittler am besten schulen lassen. Die GEP sah sich ja zuletzt einiger (leider zumeist auf dämliche Weise vorgetragene) Kritik ausgesetzt, und natürlich wurde darüber gesprochen. Konstruktiv und unaufgeregt (ganz anders als die meisten Kritiker, leider), entsprechende Maßnahmen zur Qualitätssicherung und der Unterstützung inbesondere neuer Falluntersucher sind in Planung. Es freut mich, ebenfalls durch einige Ideen beitragen zu können. Überhaupt: jeder, der etwas sagen wollte, wurde angehört. Das machte den Workshopcharakter aus, die Vorträge konnten jederzeit von Fragen und Anregungen unterbrochen werden.

Ingbert Jüdt
Aktueller Stand zum Projekt „Neue Sichtungsdatenbank“
Der Vortrag des Kollegen Ingbert Jüdt war vorrangig technischer Natur; das übergreifende Thema UFO-Forschung im Grunde austauschbar. Datenbanken kann man für alles machen. Christian Czech hatte ja 2007 eine Datenbank für UFO-Sichtungen aller Art konzipiert, für die die GEP eine Schirmherrschaft übernommen hatte. Das umfangreiche Projekt wurde später auf eine vereinsübergreifende Projektgruppe übertragen, um das Konzept zu verfeinern, die Arbeit auf mehrere Köpfe aufzuteilen und aus der Datenbank den größtmöglichen praktischen Nutzen zu ziehen. Dass solche Projekte hier und da zum Stillstand kommen können, dass es interne Unstimmigkeiten geben kann und dann man bereits eingeschlagene Pfade auch wieder verlassen muss, um voran zu kommen, finde ich einleuchtend. Das wird schon mit der UFO-Datenbank.

André Kramer
Rückblick auf das Projekt GOOD UFO der GEP und Ausblick auf das kommende Projekt PROBLEMATIC UFO
Eine gelegentlich gestellten Frage an die UFO-Forscher ist ja: Was macht man denn nun eigentlich mit den unglösten Fällen, insbesondere denen, die eine ausreichende Strangeness aufweisen um sie als Good UFO zu klassifizieren? André Kramer hatte diese Frage im Journal für UFO-Forschung in einem Projektvorschlag aufgegriffen und daraufhin mit einigen Mitstreitern die Good-UFO-Fälle der GEP analysiert. Die Ergebnisse der Analyse sind als Broschüre veröffentlicht worden. Nun kommt unter Berücksichtigung von Kritik am Good-UFO-Projekt ein Nachfolgeprojekt, bei dem die Problematic-UFO-Fälle der GEP ebenfalls genauer analysiert werden sollen. Wie zuvor steht die Frage im Raum, ob es zwischen den heterogen anmutenden Fällen nicht doch Gemeinsamkeiten gibt, aus denen sich Thesen ableiten ließen. Zumindest stehen für dieses Prjekt mehr Fälle zur Verfügung um Aussagen zu treffen. Eine Projektgruppe in der GEP wurde gebildet und ich selbst werde auch meinen bescheidenen Beitrag leisten.

Danny Ammon
Forschungsgrundsätze 2.0
Als die GEP am 13. November 2011 (wow, ziemlich genau vor 3 Jahren) die erste Version der Forschungsgrundsätze verabschiedete, war klar, dass dies nicht die endgültige Version war. Im Zuge der Veröffentlichung war damals darum gebeten worden, Anmerkungen und Kritik, Ideen und Weiterentwicklungsvorschläge einzubringen. Dies ist geschehen, z.B. durch die Anmerkungen auf einen Artikel darüber von Danny Ammon in der Zeitschrift für Anomalistik. Kritik und Anmerkungen dieser Art wurden berücksichtigt und nun sind einige Punkte geändert worden, die Danny Ammon in seinem Vortrag vorstellte. Noch während des Workshops gab es dazu weitere Anregungen, die nun eingearbeitet werden sollen. Eine Veröffentlichung der neuen Version steht bevor.
Ich persönlich finde die Grundsätze eine großartige Errungenschaft und ein wichtiges Werkzeug in der Forschung und im Umgang mit einander, mit UFO-Zeugen und mit der Öffentlichkeit. Dass die Sanktionsmöglichkeiten im Falle von Verstößen gering und die Arbeit der Forscherkollegen mit Bezug auf die Grundsätze momentan nicht nachweisbar gegeben ist, darf uns nicht davon abhalten, diesen äußerst sinnvollen Weg weiter zu gehen.

Konstruktive Runde
Konstruktive Runde

Die ursprünglich geplante Diskussion zum Thema „Sind strategische Änderungen in der Arbeit der UFO-Forschungsorganisationen erforderlich?“wurde aufgrund des Besuches von Gerald Drape (MUFON-CES) fallengelassen. Statt dessen informierte uns Herr Drape über die Veränderungen in der MUFON-CES. Vor Kurzem war bekannt geworden, dass der Gründer der Zentraleuropäischen Sektion der amerikanischen MUFON, Illobrand von Ludwiger, von seinem Vorsitz zurück- und aus dem Verein ausgetreten ist. Ein paar weitere Mitglieder sind ihm gefolgt. Spektakuläre News. Mehr noch: Mit der Gründung der Interdisziplinären Forschungsgruppe zur Analyse anomaler Phänomene (IGAAP) – Arbeitsschwerpunkt: Theorienbildung zu den dokumentierten physikalischen und gravitativen Wechselwirkungen von UFOs mit der Umwelt – scheint ein neuer Vereinsakteur die ufologische Bühne zu betreten ((Klingt nach „Weg von der Einzelfalluntersuchung“ – eine Linie, die bereits von CENAP gefahren wird, wenn auch verständlicherweise aus anderer Motivation heraus.)). Das wird spannend sein, zu beobachten. Und bei MUFON-CES sind es nun andere, die den künftigen Weg des Vereins und seiner UFO-Forschung bestimmen. War MUFON-CES unter Illobrand von Ludwiger in der Vergangenheit eher verschlossen gegenüber einer Zusammenarbeit mit anderen Vereinen, so soll sich dies nun ändern: Die erstmals 2011 von der GEP veröffentlichten UFO-Forschungsgrundsätze sollen anerkannt werden, die MUFON-Gruppe wird ihren Beitrag zur UFO-Datenbak leisten und ganz Allgemein soll es einen Austausch und eine Zusammenarbeit geben. Das klingt vielversprechend. Die Einzelheiten müssen sicher noch geklärt und ausgearbeitet werden, aber diese ersten Schritte stimmen mich froh. Ich empfand Herrn Drapes Schilderungen übrigens als äußerst sachlich, ohne Groll, aber bestimmt in der Sache.

Recht gut habe ich mich übrigens mit Ruth Bäger unterhalten. Die nette Dame aus Hannover ist so etwas wie ein Urgestein der esoterischen Ufologie ((Wobei sie sich energisch und bestimmt von einer geschäftsorientierten Esoterik distanziert.)) und war kürzlich von Mirko Mojsilovic für seinen AudioCast interviewt worden. Darüber ins Gespräch kommend, haben wir uns gut unterhalten – und das obwohl, wie völlig unterschiedliche Ansichten über das UFO-Phänomen und die Herangehensweise bei der Forschung haben; so rein auf menschlicher Ebene klappt’s eben trotzdem.

Kurz vor 18 Uhr war dann Feierabend. Die Rückreise stand für viele noch an, da macht man besser nicht zu spät Schluss. Wie immer hätte man noch länger gekonnt, aber vielleicht kann man in Zukunft wieder etwas mehr skypen. Erstmal müssen nun die Projektideen aus dem Workshop sortiert und priorisiert werden. Ich will ein paar Statistiken aus den GEP-Fällen erstellen; das von mir 2011 erdachte, jedoch bis dato kaum aktiv genutzte Fallermittler-Wiki wird reaktiviert; vielleicht steht im nächsten Jahr ein Forschungswochenende in Brieselang an; der GEP Insider ist nun unter meiner Verantwortung und so weiter. So ist das eben mit solchen Veranstaltungen: Immer kommt man wieder und hat den Kopf voller Ideen.

Auf jeden Fall war es wieder sehr nett. Ich denke ein bisschen daran, wie diese Art von Veranstaltungen auf Außenstehende gewirkt hätte (wenn denn welche zum Workshop gekommen wären). Sicher hätten sich Unbeteiligte gewundert, wie diese UFO-Forscher-Veranstaltung fast ganz ohne Aliens auskam, dafür außerst strukturiert und konzentriert gearbeitet und Konzepte diskutiert wurden. Das öffentlich vorherrschende Bild von UFO-Forschern wäre hier sicher nicht bestätigt wordem. Thematisch war der Workshop technisch (UFO-Datenbank), statistisch (Projekt Good UFO) und wissenschaftsethisch (Forschungsgrundsätze) ausgerichtet, aber ohne abgehobene Spinnereien und äußerst wissenschaftlich orientiert. Konstruktiv eben.