Guter Beitrag im RBB: Theodor auf den Spuren von Elisabeth Wieja

Der RBB folgte in der Sendung Theodor der Spur der 1945 ermordeten Elisabeth Wieja aus Alt-Brieselang. Die Verbindung des Ereignisses zu dem Lichtphänomen im Brieselanger Forst machte der Autor Günter F. Janßen 2014 in seinem Roman „Lieschens Wald“ populär. Theodor strahlte den Beitrag am 8.11.2015 aus.

Die Forstbehörden seien nicht begeistert gewesen, dass sich die Redaktion der Sendung Theodor auf die Spur des lokalen Lichterspuks begeben wollte – so der Hinweis in der Anmoderation des Beitrags. Der Lichttouristmus ist nach wie vor ein Thema; die Brieselanger – inbesondere die Anwohner des Forsts und die zuständigen Behörden – machen sich Sorgen. Inzwischen ist in der Medienberichterstattung zum Phänomen der Hinweis auf die Problematik und der damit verbundene Aufruf, sich selbst mit Lärm und Müllhinterlassenschaften zurückzuhalten, keine Seltenheit mehr.

Das unbestimmte Alter

Der Beitrag von Dagmar Lembke beginnt nun mit der obligatorischen Kamerafahrt durch einen finsteren Wald und den einleitenden Worten:

„In einem Wald bei Brieselang wird immer mal wieder ein Licht gesehen. Ein Phänomen – ohne Erklärung, aber mit einem Namen: Leuchter. Für die einen ist es der Mond oder ein Autolicht, andere vermuten Irrlichter, weil hier mal Sumpfgebiet war. Manche aber sagen: Hier spukt es.“

Auch Günter Janßen, so heißt es weiter, sei dem Licht schon begegnet. Er schildert seine Sichtung und die daraus resultierenden Aufenthalte im Wald. Sommers wie Winters, sagt er. Er fand zunächst „irdische Erklärungen“ – was heißen soll: es haben sich natürliche

Im Beitrag stattet Günter Janßen erneut der Zeugin Doris Wulkow einen Besuch ab. Sie beschreibt ihr Jahre zurückliegendes Erlebnis. Vom Licht hätte sie 1995 zum ersten Mal gehört, aber:

„Die Brieselanger Bekannten von uns, die Eltern, die wussten dit schon. Also dit muss… 50, 60 Jahre ist dis alles schon bekannt jewesen.“

Nun ist nach wie vor der Zeitraum des erstmaligen Erscheinens des Phänomens ein strittiges Datum. Die Überlegungen dazu stehen meist auf wackligen Beinen. Während manche klar sagen, das Phänomen sei nach oder um die Wendezeit erstmals aufgekommt (Schwandt, Heinrich), erzählen andere, das Phänomen sei wesentlich älter. Der älteste mir vorliegende Bericht von dem Zeugen Jens P. (erster Hand) verweist auf Ereignisse Anfang-Mitte der 1980er Jahre – weiter zurückliegende Ereignisse wurde bisher eher in Form von Anekdoten aus zweiter oder gar dritter Hand vermittelt. So auch die Aussage von Doris Wulkow – dennoch, auch wenn der Zeitraum noch immer nicht zweifelsfrei festgelegt werden konnte, sollte man das Augenmerk wohl weiter in die Vergangenheit legen.

Die Zeitzeugin

Günter Janßen stößt im RBB-Beitrag nun auf die Spur eines Mordes:

„Günter Janßen geht mit dem Hinweis nach Hause, es gab ein Verbrechen, 1945 im Wald. Ein zwölfjähriges Mädchen namens Elisabeth Wieja soll brutal ermordet worden sein, nur: weder bei der Polizei noch bei der Staatsanwaltschaft findet sich eine Akte.“

Ab jetzt setzt der Beitrag ganz klar den Fokus auf das Verbrechen, das anomalistische Phänomen wird zum Beiwerk. Die Hintergründe, der wahre Kern der Geistergeschichte, sind letztlich greifbarer. Janßen schildert die Zustände nach Ende des Zweiten Weltkriegs zur Erklärung, weshalb damals keine Ermittlungen stattgefunden haben. Der Autor trifft die 82jährige Hildegard Meißner, eine Schulfreundin von Lieschen Wieja:

„Wir ham uns immer jetroffen an der Ecke Langer Straße, Ecke Karl-Marx-Straße und den Tach kam sie nicht. Und… naja… nu hab ick denn nochn bisschen jewartet und bin denn aber zur Schule jegang‘, weil se nich jekomm is. Und wie wa denn nachher inner Schule warn, da kam dann die Lehrerin und sachte: Ick muss ne traurije Meldung machen, die Elisabeth Wieja ist tot. Und sie wurde von den Russen umjebracht.“

Danach folgen die Daten von Geburt und Tod, ermittelt im evangelischen Kirchenbuch der Gemeinde – und letztlich der Gang zum Friedhof.Mehr in einem Nebensatz räumt der Beitrag hier mit der Legende auf, das ermordete Mädchens, dessen Geist im Wald spuken soll und erst mit Erscheinen des Romans im letzten Jahr den Namen Lieschen Wieja bekam, sei nach der Tat im Wald verscharrt worden. Selbstverständlich, das Grab existiert nicht mehr, aber der Friedhofsverwalter Wilfried Dörschel zeigt die Stelle, wo das Mädchen einst die letzte Ruhe fand.

Die Psychologin

Der Frage, ob der Geist des Mädchens durch den Brieselanger Wald irren könne, weil ihr Mord nie aufgeklärt worden ist, geht die Psychologin Franziska Wald nach. Frau Wald gehört zur Besetzung der parapsychologische Beratungsstelle der Wissenschaftlichen Gesellschaft zur Förderung der Parapsychologie in Freiburg um den Physiker und Psychologen Dr. Walter von Lucadou. Sie bezeichnet die Geschichte, die „unglaublich schreckliche Tat, die nicht aufgeklärt wurde“, als mit viel Leid und Emotion aufgeladen, die Außenstehende nicht kalt lässt. Dies sei bei solchen Orten häufig der Fall. Geschichten, die einen nicht loslassen. Dann führt sie einen sehr interessanten Satz ins Feld:

„Es gibt Phänomene – wenn man alles andere ausgeschlossen hat und um an diesem Punkt zu kommen, wo man alles andere ausgeschlossen hat, das ist ein langer Weg. An dem Punkt, würde ich jetzt sagen, mit dem Licht, da ist man noch nicht. Da müsste man wirklich noch ordentliche Untersuchungen anstellen. Wenn man die alle angestellt hat und sozusagen alle konventionellen Ansätze ausschließen kann und es immer noch ein Rest bleibt … das gibt’s natürlich. Es gibt Sachen, die kann man nicht erkären.“

Ich denke auch, dass der Schlussstrich – ganz gleich unter welcher These – noch nicht gezogen werden kann. Dies zu untersuchen ist jedoch nicht das Anliegen des Beitrags – im Fokus steht der Mord an Elisabeth Wieja und so wird abschließend der Verdienst Günter Janßens hervorgehoben, Lieschen Wieja fernzuhalten vom Vergessen.

Fazit

Der Beitrag als solches ist ausgesprochen gelungen – sicher auch, weil er neben dem ungreifbaren anomalistischen Phänomen der Lichterscheinungen vor allem etwas ganz und gar Menschliches betrachtes. Dieser Fokus weg vom Phänomen hebt den Beitrag wohltuend ab von vielen anderen TV-Beiträgen über das Licht. Es wird interessant sein, zu verfolgen, in welche Richtung sich die künftige Berichterstattung entwickeln wird und welche Rolle Elisabeth Wieja dabei spielen wird.

Theodor: Das geheimnisvolle Licht von Brieselang

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