GWUP-Konferenz: „Nicht denken!“

Skeptiker in Hamburg
Skeptiker in Hamburg

Unter dem Titel „Warum die Uhr stehen blieb, als Opa starb. Das Übersinnliche auf dem Prüfstand“ fand am Donnerstag das Vorprogramm der GWUP-Konferenz 2009 statt. An diesem Teil der dreitägigen Konferenz konnte man ohne Voranmeldung teilnehmen. Prima, denn aufgrund des (auf meinem letztwöchigen Umzug beruhenden) derzeitigen Chaos, konnte ich schwer planen. Gut also, dass man dort spontan vorbeischauen konnte. Eigentlich hätte ich gerne an der gesamten Konferenz teilgenommen, aber nun ja,  die donnerstägige Teilnahme hat sich sehr gelohnt. Und fand ich die GEP-Tagung Anfang Mai schon zeitlich sehr gut durchstrukturiert, so erlebte ich hier eine Punktlandung: Beginn um 14 Uhr, Ende 18 Uhr. Keine Überziehungen. Sehr vorbildlich, sehr rücksichtsvoll. Auch die Konferenzstätte in Hamburg war sehr gut gewählt: Das Völkerkundemuseum in Hamburg mit großem Konferenzsaal. Zwar mit harten Holzbänken im Audimax-Stil, aber das fördert die Konzentration. Optisch und akkustisch ein großer Vorteil.

Den Anfang machte Moderator Bernd Harder mit einer kleinen Führung durch einige GWUP-relevante Themen. Hierzu ließ er als Moderator die GWUPies Rainer Wolf, Amardeo Sarma, Phillip Leick, Wolfgang Hell, Michael Kunkel und Martin Lambeck zu Wort kommen, die in kurzen Worten Stellung nahmen zur Parapsychologie, Homöopathie und eben der Frage, weshalb davon berichtet wird, dass Uhren beim Tod eines geliebten Menschen einfach stehenbleiben. Natürlich, in einer Stunde kann das breite Themenspektrum nur sehr grob angerissen werden, aber für den Anfang reichte es. Zumal Bernd Harder sehr freundlich darauf hinwies, dass man jeden, der entfernt nach GWUP aussieht, auch ansprechen kann. Das nenne ich mal Cross-over-Kompetenz.

Eine sehr schöne Abwechslung bot das Bühnenstück „Wahrheit bringt Heilung – Ein ironisch wissenschaftliches Dings über die scheiß Esoterik„, in welchem Anne Frütel und Jörg Wipplinger ganz hervorragend esoterische Themen parodierten. Mit vielen Lachern, Gesängen und unter Einbeziehung des Publikums („Ich bin ein Guru!“ Schönen Gruß an meine hübsche „Anhängerin“). Ich hatte viel Spaß. Hier mal ein Trailer, damit man sich ein Bild machen kann:

Kurze Pause mit kurzen Gesprächen und einem alten Bekannten aus meiner Berliner GWUP-Regionalgruppenzeit (Gruß an Rouven), dann ging’s weiter. Der durch inzwischen recht zahlreiche Fernsehauftritte bekannte Forensiker Dr. Mark Benecke hielt seinen Vortrag zum Thema „Auf heißer Spur. Das Rätsel der Spontanen menschlichen Selbstentzündung“. Dieser (allein schon durch Dr. Beneckes humoristische Einstreuungen sehr kurzweilige) Vortrag gab einen Überblick über eine ca. 6 Jahre dauernde Untersuchung eines SHC-Falles mit einer Überlebenden! Dr. Benecke raste hier in einem schwindelerregenden Erzähltempo durch einen 2-Stunden-Vortrag, den er so auf eine halbe Stunde runterkürzte ((Das genaue Gegenteil eines 2006 gehaltenen Vortrages von Werner Walter bei der DEGUFO-Tagung zum Thema „30 Jahre CENAP“, welchen er  in (gefühlter) Echtzeit hielt. Interesannt zwar, aber lang eben.)). Humorvoll und untermalt mit zahlreichen Fotos zeichnete Benecke die Recherche nach, die er zusammen mit dem Parawissenschaftler Larry Arnold durchführte. Diese Herangehensweise, einen Kollegen mit völlig anderem, ja sozusagen entgegengesetztem Background heranzuziehen, betonte Benecke mehrmals (scherzhaft unkte er hier, dass er dafür wahrscheinlich Schelte seiner Skeptikerkollegen bekäme). Für ihn ist es wichtig, so den Blickwinkel zu erweitern, auch wenn man nicht einer Meinung ist. Zudem hat sich Benecke bei seinen Recherchen einige Punkte auf die Fahnen geschrieben, die auf den ersten Blick erstaunen mögen:

  • Nicht denken, sondern Daten ungefiltert und unkommentiert sammeln.
  • Mache so viele Fotos wie möglich und zwar von allem.
  • Misstraue Zeugenaussagen.

Wirklich erstaunlich, Mark Benecke, der Mitglied in einer Vereinigung ist, die sich kritisches Denken auf die Fahnen geschrieben hat, empfiehlt: „Nicht denken!“ Ist das schon blasphemisch? Keine Ahnung, ob sich irgendein Skeptiker an diesem Vorsatz und dem Para-Forscher stört. Ich halte das jedenfalls für äußerst sinnvoll. Denn „nicht denken“ heißt dabei ja nicht „Gehirn abschalten“, aber um möglichst sauberes Datenmaterial zu erhalten, ist es quasi unabdingbar, sich mit eigenen Interpretationen schon während der Datensammlung zurückzuhalten ((Jetzt mag man einwenden, dass das natürlich nicht geht. Man interpretiert ja immer usw. – Stimmt, aber man kann mittels eines solchen Grundsatzes Contenance üben.)). Inhaltlich war der Vortrag also sehr interessant und so mancher UFO-Forscher kann sich von dem Grundsatz „lagerübergreifender“ Forschung eine deftige Scheibe abschneiden.

Weiter zum nächsten Thema: Massimo Polidoro ist ein „paranormal investigator“, den Mark Benecke im englischsprachigen Interview befragte. Das Ganze war eher ein Appetithäppchen für den großen Abendvortrag des italienischen Ghostbusters. Zum Abschluss (zumindest für mich) nahm sich dann Bernd Harder eines aktuellen Themas an: „Illuminati: Erleuchtete oder Dunkelmänner?„, das durch den aktuellen Tom-Hanks-Film „Illuminati“ von Interesse ist. Dabei stellte er die Romanvorlage von Dan Brown auf den Prüfstand: Durchgefallen. Bereits die Darstellung der von Adam Weißhaupt gegründeten Illuminaten stimmt so nicht, aber bei Brown sind sie einfach spannender. Ebenso hält die literarische Beschreibung des CERN nicht der Wirklichkeit nicht stand. Mit GWUP-Mitglied Holm Hümmler stand ein CERN-Insider Harder Rede und Antwort. Sehr interessant, auch wenn ich persönlich kein Problem damit habe, dass Brown sich schriftstellerische Freiheiten genommen hat. Der ein oder andere mag’s für Realität halten, für mich ist es Literatur und ich fand das Buch ziemlich spannend.

Ein Blick auf die Uhr zeigte fast Punkt 18 Uhr. Obwohl der große Vortrag des Herrn Polidoro noch anstand, musste ich auch schon wieder weiter. Ein wirklich toller und lehrreicher Tag. Es wurde Zeit, dass die GWUP ihre große Konferenz mal in Hamburg machte und ich hoffe, dass dies nicht das letzte Mal war. Nächstes Mal habe ich dann hoffentlich auch für die ganze Tagung Zeit. In diesem Sinne: Bleibt kritisch!

Weitere Impressionen der Konferenz:


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