The HoaX-Files rezensiert

The Hoax Files (Waschkau/Waschkau)

Ich mag Podcasts. Diese „Radiosendungen zum Mitnehmen“ begleiten mich fast täglich auf meinem inzwischen manchmal anderthalbstündigen Weg zur Arbeit und wieder zurück. Neben dem „Philosophischen Radio“ des WDR5 war „Hoaxilla“ einer meiner ersten Podcasts, die ich hörte. Inzwischen sind mehr Formate dazu gekommen, als ich mir eigentlich zu Ohren führen kann.
Hoaxilla stand also durchaus am Anfang meiner Podcast-Begeisterung: Das Konzept fand ich nett, die Protagonisten sympathisch. Konzeptionell geht es um Urbane Legenden, Mythen, Pseudo- und Parawissenschaften aus skeptischer Sicht. Die „Hoaxmistress“ Alexa Waschkau und ihr Ehemann, der „Hoaxmaster“ Alexander Waschkau, beleuchten zahlreiche, teilweise äußerst spannende Themen und erörtern den Hörern die zuvor recherchierten Hintergründe. Populär verpackte Wissenschaft im Audioformat. Nun haben die beiden Hoaxilla-Macher ein Buch geschrieben: The HoaX-Files. Der Untertitel Band 1: Horror, Spuk und Bloody Mary zeigt sowohl an, worum es schwerpunktmäßig geht, als auch, dass eine Fortsetzung bereits beschlossene Sache ist. Erkennbar wird dies auch durch das offene Ende des Buches. Und da sind wir auch schon bei der inhaltlichen Gestaltung. Neben einigen aus dem Podcast bekannten Themen, die auf populärwissenschaftliche Weise in eigenen Abschnitten geschildert werden, werden diese von einer fiktionalen Rahmenhandlung umgeben (erkennbar an einer Kursivschrift). Protagonisten der Geschichte: die beiden Autoren höchstpersönlich. Hier wird das Podcaster-Ehepaar Waschkau, das mit seinem bekanntesten Projekt Hoaxilla in bestimmten Kreisen durchaus eine gewisse Popularität genießt, von einem Unbekannten per Email kontaktiert und auf eine Spurensuche geschickt, die an verschiedene Orte führt und die beiden dazu bringt, sich mit unterschiedlichen Themen zu befassen. Was folgt, ist eine Schnitzeljagd durch unterschiedliche Legenden, ein Mix aus Mystery und Thriller, sogar eine Prise Dan Brown. Und irgendwie erwarten man ständig, dass der Bartoschek um die Ecke kommt 1Der Psychologe Sebastian „Barto“ Bartoschek taucht in den Hoaxilla-Produktionen immer wieder gern als Experte und Erklärbär auf. Bartoschek und der Psychologe Sven Rudloff gehören neben Alexander Waschkau, der ebenfalls Psychologe ist, zum Triumvirat des Podcasts „Psycho Talk – Drei Herren auf der Couch“. Sven Rudloff wird im Buch kurz erwähnt, ebenso wie ein Buch von Sebastian Bartoschek in einer Fußnote als weiterführende Literatur genannt wird. Auf einen richtigen Cameo von Bartoschek müssen wir aber wohl noch etwas warten. Wer weiß, vielleicht stellt sich am Ende der Geschichte in einem der Folgebände heraus, dass „der böse Barto“ der Drahtzieher hinter allem ist. Das wäre mal lustig und ein schöner Insider-Witz.

So lassen sich Alexa und Alexander – immer abwechselnd berichtend – treiben von der Suche nach einem geheimnissvollen, gestohlenen Artefakt; schwanken zwischen Frust und Neugier; starten in Hamburg, besuchen das Münchner Umfeld und landen schließlich in Edinburgh, wo sie selbst zu Dieben werden sollen. Stoff also, der durchaus für einen spannenden Leseabend taugt. Der Schreibstil ist dabei einfach gehalten (manchmal leider etwas zu sehr), so dass man das wirklich gut in einem Rutsch durchlesen kann. Anfangs fand ich den Übergang vom fiktionalen in den Erklärteil noch etwas zu konstruiert und ich hatte die Befürchtung, dass bestimmte Themen in der Rahmenhandlung verquickt werden, nur damit sie eben im Buch auftauchen können. Der Gedanke legte sich aber, die Übergänge sind mal mehr mal weniger gelungen, aber alles in allem hat jedes angeschnittene Thema auf seine Weise eine Berechtigung. Die im Sachteil erläuterten Themen, ein bunter Mix mit durchaus erkennbarem roten Faden, behandeln z.B. die Weiße Frau (in der Story verwoben mit einem Ausflug in den Ebersberger Forst),  Hexen, Höllenschreie, den Mothman, den Slenderman und noch ein paar andere. Spannend durchaus, wenn auch nur an der Oberfläche kratzend, was aber dem Konzept an sich geschuldet ist. Quellen und weiterführende Literatur sind zwar in ein paar wenigen Fußnoten untergebracht, insgesamt hätten es aber mehr sein können. 2Für die weitere Recherche und Auseinandersetzung reicht’s leider nicht – bis auf die Stelle, wo man den auf das britische Silvester bezogenen Satz „Das heißt da Hogmanay, dauert drei Tage und die ganze Stadt ist rappelvoll.“ unbedingt mittels Fußnote belegen muss. In dieser Fußnote dann ganz unverblümte Schleichwerbung für Sven Rudloffs Buch »Viva Britannia«, was mir einen Schmunzler abrang. Wer Hoaxilla kennt, weiß auch um den Vorwurf, dass inbesondere der Hoaxmaster mit Eigenwerbung als auch Verweise auf Freundes-Produktionen nicht geizt. Ich bin nicht sicher, ob diese Fußnote der Stinkefinger für die Kritiker sein soll oder echte Werbung. Naja, beides schließt sich ja nicht aus.. Der Sachteil erinnert in etwa an die skeptische Variante von Heftreihen wie „Rätselhafte Phänomene“ oder „Faktor X“, kurzweilig zu lesen, allenthalben informativ (aus einer gewissen Perspektive), kaum schwer im Magen liegend.

Das Buchcover, gezeichnet von der großartigen Sarah Burrini, ist eine klare Verneigung vor der TV-Serie Akte X (engl. The X-Files, an diesen wiederum lehnt sich der Titel des Buches an – und wer das nicht begriffen hat, dem knallt das Hoax-Pärchen auf Seite 79 noch einmal die Zaunlatte mitten ins Gesicht!); Alexa und Alexander mit Schatzkarte und Taschenlampe als Scully und Mulder in einem dunklen Wald. Mir gefällt das sehr, ich mag Burrinis Stil und er passt auch gut zu Hoaxilla.

Insgesamt hätte ich mir fast etwas mehr Mut von den Autoren bei der Fiktion gewünscht – die Rahmenhandlung ist zunächst sehr im (mutmaßlichen) Alltag der Hoaxillas angesiedelt; lediglich was ihnen passiert, ist geheimnisvoll und reine Fiction (zur Sicherheit wird dies in der Ein(An)leitung aber auch noch mal erwähnt). Und dies ist auch genau der Punkt: Das Buchcover weckte in mir durchaus die Erwartung, dass die Hoaxillas sich auch vollumfänglich fiktive Alter Egos für die Geschichte zugelegt hätten (z.B. als schwarz gekleidete Agenten einer Geheimorganisation mit tollen Gimmicks und einem Skeptomobil 3Das hätte ich durchaus als satirische Annährung an das sich hartnäckig haltende Gerücht, Skeptiker seien von der Regierung bezahlte Agenten, zu verstehen gewusst. o.ä.). Nun gut, soviel überzogene Satire oder eine Parodie auf die eigene Person sollte es konzeptionell wohl nicht sein. Statt dessen wollte man sich offensichtlich nah genug an der Realität (des eigenen Alltags) bewegen, um dem fiktionalen Teil die Aura des „Könnte doch sein…“ umzumanteln. Das wäre ein besonderer Reiz, wenn die Luft hierfür nicht schon im Vorwort rausgelassen worden wäre. Die berühmte Aufforderung des Hoaxmasters „Immer schön skeptisch bleiben“ hätte durchaus genügen können als subtiler Hinweis. Aber wie dem auch sei, die von den Autoren vorgegebene und sicher „aus Gründen“ gewählte Struktur akzeptierend sowie die ein oder andere Schwäche wohlwollend ignorierend 4Wie gesagt, der Schreibstil ist mir stellenweise etwas zu einfach gewesen, auch wenn die Autoren sich bewusst an Geschichten „im Stile der Jugendromane, die wir früher so sehr geliebt haben“ orientierten, oder auch das brachiale Vor-Augen-halten des Offensichtlichen, und ein paar Logiklöcher und Klischees., wollte ich immer schön wissen, wie es denn nun weitergeht. Will ich immer noch und freue mich deshalb auf Band 2. Bis dahin höre ich weiter die Podcast-Episoden.

Wie man liest, habe ich durchaus meine ganz persönlichen Kritikpunkte an dem Buch, aber dennoch hatte ich auch Spaß beim Lesen. Und kann das Buch denjenigen empfehlen, die ebenfalls die Vorbild-Jugendbücher gut fanden und sich einen allgemeinen Überblick über die thematisch angerissenen „Urban Legends“ und Gruselgeschichten verschaffen wollen. Dahingehend kann das Buch wegen der Unterbringung in eigenen Kapiteln gar als Nachschlagewerk dienen. Für Hoaxilla-Fans ist das Buch eh zu empfehlen, allein wegen der einen oder anderen Anspielung auf das Hoaxilla-Universum und der reizenden Naivität, mit der die beiden Hauptfiguren von den Autoren bedacht wurden. Nicht-Skeptiker oder Umberto-Eco-Schreibstil-Puristen sollten lieber die Finger davon lassen.

200 Seiten, broschiert, farbig bebildert, ISBN: 3978-3944342528, EUR 14,95
JMB Verlag
www.jmb-verlag.de
Hannover, 2014

  • 1
    Der Psychologe Sebastian „Barto“ Bartoschek taucht in den Hoaxilla-Produktionen immer wieder gern als Experte und Erklärbär auf. Bartoschek und der Psychologe Sven Rudloff gehören neben Alexander Waschkau, der ebenfalls Psychologe ist, zum Triumvirat des Podcasts „Psycho Talk – Drei Herren auf der Couch“. Sven Rudloff wird im Buch kurz erwähnt, ebenso wie ein Buch von Sebastian Bartoschek in einer Fußnote als weiterführende Literatur genannt wird. Auf einen richtigen Cameo von Bartoschek müssen wir aber wohl noch etwas warten. Wer weiß, vielleicht stellt sich am Ende der Geschichte in einem der Folgebände heraus, dass „der böse Barto“ der Drahtzieher hinter allem ist. Das wäre mal lustig und ein schöner Insider-Witz.
  • 2
    Für die weitere Recherche und Auseinandersetzung reicht’s leider nicht – bis auf die Stelle, wo man den auf das britische Silvester bezogenen Satz „Das heißt da Hogmanay, dauert drei Tage und die ganze Stadt ist rappelvoll.“ unbedingt mittels Fußnote belegen muss. In dieser Fußnote dann ganz unverblümte Schleichwerbung für Sven Rudloffs Buch »Viva Britannia«, was mir einen Schmunzler abrang. Wer Hoaxilla kennt, weiß auch um den Vorwurf, dass inbesondere der Hoaxmaster mit Eigenwerbung als auch Verweise auf Freundes-Produktionen nicht geizt. Ich bin nicht sicher, ob diese Fußnote der Stinkefinger für die Kritiker sein soll oder echte Werbung. Naja, beides schließt sich ja nicht aus.
  • 3
    Das hätte ich durchaus als satirische Annährung an das sich hartnäckig haltende Gerücht, Skeptiker seien von der Regierung bezahlte Agenten, zu verstehen gewusst.
  • 4
    Wie gesagt, der Schreibstil ist mir stellenweise etwas zu einfach gewesen, auch wenn die Autoren sich bewusst an Geschichten „im Stile der Jugendromane, die wir früher so sehr geliebt haben“ orientierten, oder auch das brachiale Vor-Augen-halten des Offensichtlichen, und ein paar Logiklöcher und Klischees.

Beitrag veröffentlicht

in

von