Das GOOD UFO von Linz und andere Klassifizierungsanmerkungen

In der aktuellen Ausgabe des Journals für UFO-Forschung (Nr. 196 – 04/2011) wird ein Fotofall aus dem Jahre 2009 als GOOD UFO klassifiziert. Sehr ausführlich berichtet der GEP-Falluntersucher Andreas Huber über sein Interview mit den beiden Zeugen und kommt dann zu dem Schluss: „Wir haben im Rahmen unserer Ermittlungen weder Hinweise gefunden noch Gegenstände ausfindig machen können, die denen des fotografierten Flugkörpers entsprechen. Es mag durchaus sein, dass in Zukunft neue Erkenntnisse vorliegen, die eine andere Beurteilung des Falles erforderlich machen würden. Doch zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir aufgrund der Datenlage den Fall als GOOD UFO klassifizieren.“

Da an verschiedenen Stellen (z.B. Walter 2009 ((WALTER, Werner (2009): UFOs – Open Your Mind: UFO-Sommer 1954/2009 – erstaunlichste Parallelen; Seitenaufruf am 15.10.2011)) , Raab 2011 ((RAAB, Wladislaw (2011): GEP untersucht den „Fresbee von Linz“; Seitenaufruf am 15.10.2011))), der Fall ebenfalls kommentiert wurde, und diese Kommentare mal wieder von Spott durchzogen waren, will ich ein paar Worte dazu schreiben ohne zu spotten. Das sollte so schwer nicht sein. Eigentlich.

Wann immer irgendwo die Beurteilung eines UFO-Falles bemängelt wird – sei es als IFO oder wie in diesem Fall als UFO – gibt es selten dazu eine fachbezogene Diskussion und man verfällt statt dessen sehr schnell in persönliche Beleidigungen (vor allem, wenn bestimmte Personen oder UFO-Gruppen diesen Fall untersucht haben). Dabei sollte es eigentlich nicht schwierig sein – wenn man einmal anderer Meinung ist als der Untersucher eines Falles – seine Standpunkte sachlich zu erläutern ohne persönlich zu werden. Aus diesem Grunde habe ich einen Leserbrief an die jufof-Redaktion geschickt um meine Sicht auf die abgegebene Beurteilung infolge des mir zur Verfügung stehenden Materials (jufof-Artikel) darzustellen; berücksichtigt wurde dabei von mir nicht, dass es möglicherweise auch noch eine Erklärung abseits der Schwindel-Hypothese geben könnte. Aber natürlich darf man auch diese Möglichkeit nicht außen vorlassen.

T.A. Günter, Hamburg
Zum Untersuchungsbericht »UFO über Linz fotografiert« von Andreas Huber in jufof (Nr. 196 – 04/2011)

Die letzte Ausgabe des jufof (Nr. 196 – 04/2011) behandelt einen Fotofall aus Linz von 2009 und klassifiziert diesen abschließend als GOOD UFO. Hierzu möchte ich einige Anmerkungen machen.

Zunächst möchte ich betonten, dass die Wiedergabe des Falles sowie des Interviews und der Eindrücke des Untersuchers Andreas Huber sehr ausführlich erfolgt sind. Gerade in einem als GOOD UFO oder (wenn dem denn mal eines Tages so wäre) BEST UFO klassifizierten Fall, ist eine ausführliche Dokumentation und eine nachvollziehbare Argumentation unabdingbar. Dennoch: Aus verschiedenen Gründen halte ich die Beurteilung als GOOD UFO in dem Linzer Fotofall nicht für angebracht oder zumindest vorschnell.

Der Untersucher stützt seine Beurteilung im Wesentlichen auf zwei Aspekte: 1.) die Glaubwürdigkeit der Zeugen und 2.) der fehlende Nachweis eines Betrugs, den er völlig ausschließt.

Zu 1.) Die Zeugen wirkten während des Gesprächs glaubwürdig und „bodenständig“. Ein mehrmals genannter Punkt ist das Alter der Mutter (damals 84 Jahre alt), demnach sei sie zu alt für einen Schwindel. Sicher, man kann Spaßvögel in allen Altersschichten finden, aber ich respektiere zunächst den Eindruck des Untersuchers und seine darauf aufbauende Argumentation. Als Kritikpunkt kann man aber gelten lassen, dass das Interview ausschließlich telefonisch erfolgte und der Untersucher die beiden Zeugen nicht persönlich traf. Ansonsten bewegen sich die wenigen widersprüchlichen Aussagen der beiden Zeugen m.E. innerhalb der Toleranzgrenzen. Den Zeitunterschied zwischen dem EXIF-Datum und den Aussagen der Zeugen würde ich, ebenso wie Huber, nicht überbewerten. Wie der Untersucher richtig schrieb, kann es hierfür zahlreiche Gründe geben.

Zu 2.) Zitat Andreas Huber: „Wir haben im Rahmen unserer Ermittlungen [keine] Gegenstände ausfindig machen können, die denen des fotografierten Flugkörpers entsprechen.“ Das hieße m.E. den expliziten Fund einer Radkappe, einer Frisbee-Scheibe oder eines wie auch immer gearteten Modells. Da bedauerlicherweise keine Vor-Ort-Untersuchung, etwa mit Nachstellung der Situation direkt am Ereignisort, stattfand, halte ich diese Aussage für problematisch. Entsprechende Hinweise oder gar Objekte KONNTE man so gar nicht finden. Es ist verständlich, dass ein Fall im Ausland mit den gegebenen zeitlichen und finanziellen Mitteln schwerer zu untersuchen ist. In vielen Fällen reicht auch der telefonische Kontakt völlig aus. Ich denke jedoch, dass dies etwas anders gelagert ist, wenn man sich anschickt, einen Fall als GOOD UFO zu klassifizieren.

Mir fehlen daher auch ein paar weitere Untersuchungen, die über die E-Mail-/Telefon-Kontaktaufnahme mit den Zeugen hinausgehen. Dass auf eine Vor-Ort-Untersuchung verzichtet wurde, hatte ich bereits erwähnt. So geht des Weiteren  aus dem Bericht des Untersuchers nicht hervor, ob versucht wurde, weitere Zeugen zu finden. Etwa Nachbarn (immerhin handelte es sich um ein Haus mit mehreren Parteien, wie man auf den entsprechenden Bildern im jufof erkennen kann) oder per Medienaufruf im regionalen Gebiet. Bei einem potenziellen GOOD UFO Fall sollten zudem auch die Standarddaten wie Wetter, Polizeimeldungen etc., ggf. Flugdaten überprüft werden (sofern diese noch verfügbar sind).

Halten wir fest: Die Einschätzung des Falles als GOOD UFO könnte zusammenbrechen, wenn 1.) die Glaubwürdigkeit der Zeugen ins Wanken geriete oder 2.) das fotografierte Objekt gefunden würde bzw. mit einem ähnlichen Objekt die Fotos nachgestellt werden könnten.

Letztendlich ist es vor allem der optische Eindruck, den man als Betrachter von dem fotografierten Objekt hat, der an einen Schwindel denken lässt. Frühere Fälle (Wedel, Nagora u.a.) zeigen, dass man durchaus mit Radkappen und dergleichen für einen Schwindel geeignete Bildergebnisse erzielen kann. Einem Bauchgefühl folgend, ist man entsprechend vorsichtig, wenn man Bildmaterial erhält, das an derartige frühere Fälle erinnert.

Dieses Bauchgefühl ist es wohl, das einen nicht loslässt. Nachweisen indes lässt sich ein Schwindel so ohne weiteres hier nicht, da hat der Untersucher völlig Recht. Weshalb ich dennoch die Einstufung als GOOD UFO nicht für richtig halte?

Rufen wir uns die Definition eines GOOD UFO-Falles nach Hendry in Erinnerung: „Das UFO weist wesentliche anomale Merkmale auf, die auch unter extremen Bedingungen wahrscheinlich nicht bei herkömmlichen Erscheinungen auftreten können.“ Diese Definition berücksichtigend, bedarf es nicht mal „extremer Bedingungen“, unter denen ein solches Foto entstehen kann. Es wäre sogar relativ einfach.

Es ist denkbar, dass die Zeugen gute Schauspieler sind und am Telefon den Untersucher täuschen konnten. Es ist denkbar, dass im Keller die originale Frisbee-Scheibe liegt und niemals gefunden wird. Daher rate ich zur Zurückhaltung. Immerhin sollten nach Ansicht der GEP nur als GOOD oder BEST UFO klassifizierte Fälle in die nationale und internationale Diskussion aufgenommen werden.

Ich will offen lassen, welcher Klassifikation der Fall m.M.n. hätte zugeordnet werden können. Letztlich überlasse ich es dem Untersucher, den von ihm untersuchten Fall einzuordnen. Aber zumindest meine Gedanken dazu möchte ich weder ihm noch den jufof-Lesern vorenthalten.

Abschließend auch noch eine Anmerkung zu den Klassifikationen der Rubrik „Weitere Meldungen im Überblick – Teil 4“:

Die ISS-Fälle wurden hier korrekt als IFO / V1 klassifiziert: Eine Verifikation 1. Ordnung (V1) liegt vor, wenn eine zeitliche und räumliche Übereinstimmung zu bekannten Objekten vorliegt. Dies wurde durch calsky.de nachgewiesen.

Anders sehe ich die Klassifizierung einiger als Vogel oder Insekt identifizierten Fälle. In zwei Fällen (20091003 A, 20110419 D) wurde hier die m.E. korrekte Klassifizierung als IFO / V2 vorgenommen. Wir erinnern uns: Eine Verifikation 2. Ordnung (V2) liegt vor, wenn die Objektmerkmale den Merkmalen von bekannten Erscheinungen gleichen. Durch die Beschreibungen der Augenzeugen im Zusammenhang mit den Fotos ist diese Klassifizierung hinreichend belegt. Die Klassifizierung als IFO / V1 in den Fällen 20100424 A (Insekten), 20110530 A (Vogel) und 20110424 B (Insekt) ist jedoch m.E. nicht korrekt, da eine zeitliche und räumliche Übereinstimmung nicht nachgewiesen werden konnte. Selbst, wenn die fotografierten Objekte noch so sehr nach Vögeln und Insekten aussehen (und das tun sie hier), so fehlt letztlich der Übereinstimmungsnachweis. Dieser lässt sich jedoch für Vögel und Insekten nur schwerlich erbringen, es sei denn der Nachbar des Zeugen meldet sich und bestätigt, dass ihm etwa zum Zeitpunkt der Bildaufnahme sein Kanarienvogel weggeflogen ist.

Beim menschlichen Starter einer Himmelslaterne (sofern dieser sich auftreiben ließe), dem Diskothekenbesitzer mit einer Skytrackerinstallation, einer bestimmten astronomischen Konstellation oder wie in den o.g. Fällen der ISS hingegen lässt sich u.U. der Nachweis der zeitlichen und räumlichen Übereinstimmung leicht erbringen.

Für Vögel und Insekten auf Fotos gilt m.E. in der Mehrzahl der Fälle: Verifikation 2. Ordnung. Daher lautet die Beurteilung für die 3 genannten Fälle: IFO / V2.

Abschließend noch eine Anmerkung zu Raab (2011) ((RAAB, Wladislaw (2011): GEP untersucht den „Fresbee von Linz“; Seitenaufruf am 15.10.2011)): durch die zeitliche Nähe der Distanzierung der GEP vom CENAP-Stil und der Veröffentlichung dieses Falls mag der Eindruck entstanden sein, dass hier noch einmal nachgetreten werden soll. Anhaltspunkte hierfür kann ich jedoch nicht sehen. Eine GEP-Verschwörung gegen CENAP? Wer die öffentliche Erklärung im jufof oder online aufmerksam gelesen hat, wird sicher nicht den Eindruck gewonnen haben, dass es sich die Unterzeichner leicht gemacht haben. Auch von einer „boulevardesken Pressemitteilung“ kann nicht die Rede sein, ist doch das Anliegen sehr differenziert ausformuliert und durch seitenlange Fußnoten belegt. Für Boulevardmedien aufbereitetes Material müsste anders aussehen. Das Anliegen, nicht mehr und nicht weniger als die Distanzierung von einembestimmten Stil und gewissen Methoden. Nach Veröffentlichung der Erklärung hatte ich jedoch den Eindruck, dass kaum jemand (und leider schon gar nicht die Angesprochenen) sich differenziert mit den Argumenten und zahlreichen Beispielen auseinandergesetzt hätte.

Dass im besprochenen Linz-Fall CENAP so unprofessionell reagierte, ist so oder so bedauerlich (vor allem für den Zeugen). Weshalb man hier aber unbedingt einen Zusammenhang zwischen diesem Fall und der GEP-Erklärung konstruieren möchte, ich weiß es nicht. Ich fürchte, den gibt es ebenso wenig wie zahlreiche andere Verschwörungstheorien wahr sind.


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