DEGUFO-Frühjahrstagung 2011: Eindrücke eines Dabeigewesenen (Samstag)

Zurück aus Erfurt. Die Tagung der DEGUFO ist vorbei, im Internet kann man bereits ausgesprochen positive Stimmen vernehmen. Ich kann mich dem nur anschließen und möchte Sie, liebe Leser, gerne an meinen Eindrücken teilhaben lassen. Wir aus dem Norden (namentlich Mirko Mojsilovic, André Kramer und ich), sind ja schon einen Tag früher (Freitag) angereist. Ich hatte am Samstagmorgen bereits eine Zwischenmeldung aus Erfurt von meinem Hotelzimmer aus verfasst. Trotz WLAN und dem dazu passenden Plan, die ersten Eindrücke noch während der Tagung zu posten, hab ich es nicht hinbekommen. War aber eine schöne Idee, nur zu wenig Zeit, weil man ja Angst hat, etwas zu verpassen und überall dabei sein muss. Nun denn, gibt’s eben nachträglich die Infos für alle, die nicht dabei sein konnten oder wollten.

Samstag. Die Tagungsräumlichkeiten im Erfurter Airport-Hotel sind gut besucht ((DEGUFO-Vorsitzender Alexander Knörr gab heute im Alien.de-Forum an, dass es 35 Besucher waren. Das waren zwar schon mal mehr, aber ist okay. Zu groß wäre auch wieder nix, und es waren immerhin noch ein paar mehr als in Schmerlenbach 2009.)). Bekannte Gesicher, auch unbekannte. Natürlich gehören zu unserer GEP-Delegation auch Danny Ammon und Natale Guido Cincinnati. Marius Kettmann ist wieder dabei und ich lerne Wolfgang Stelzig kennen (netter Kerl). Robert Fleischer ist natürlich mit von der Party, seine Exopolitik-Truppe filmt die Tagung und insbesondere die Vorträge mit.

Die Atmosphäre ist ausgesprochen Kollegial, auch in den Momenten, wenn kritische Worte fallen oder man nicht einer Meinung ist (was rückblickend gesagt gar nicht so selten der Fall war; also nix mit ununterbrochenem Schulterklopfen). Es bleibt menschlich und das ist es, was auch im Nachhinein den meisten Teilnehmern so besonders gefallen hat.

Als erstes spricht Gerhard »Mr. Multi-Verein« Gröschel über “Neue UFO-Forschung – Oder: Warum gibt es in den letzten 50 Jahren keinen wirklichen Wissensgewinn bei der privaten UFO Forschung?”. Für den Umstand, dass es keinen wirklichen Wissengewinn gäbe, macht Gröschel u.a. verantwortlich, dass man nicht das UFO selbst untersucht („passive UFO-Forschung“), sondern lediglich Zeugenaussagen und qualitativ meist schlechtes Foto- und Filmmaterial. Gröschel fordert die Ergänzung durch eine „aktive UFO-Forschung“ durch technische Messungen unter kontrollierten Bedingungen. Damit folgt Gerhard Gröschel seinem Steckenpferd bei MUFON-CES und im Großen und Ganzen stößt er mit seiner Forderung auf Zustimmung. Zwar gibt es kritische Anmerkungen oder Fragen in Details, aber es wird mit Sicherheit auch nicht schaden diesen Ansatz zu verfolgen. Die von dem Redner vorgeschlagene flächendeckende Überwachung hingegen wird sich aus mehreren Gründen wohl kaum realisieren lassen. Für mich ein interessanter Vortrag mit vielen Punkten, über die es sich nachzudenken lohnt.

Schon den zweiten Vortrag “Prä-Inka-Astronomie und Nazca” (sorry, Carl Niemann) lassen ein paar von uns mangels Interesse sausen. Paläo-SETI und Archäologie sind eben keine Themen der UFO-Forschung, wenn das auch immer gern in einen Topf geworden wird (was man auch daran sehen kann, dass solche Vorträge auf UFO-Tagungen gehalten werden). Da die Zeit immer recht knapp bemessen ist und man zu persönlichen Gesprächen meist nur dann kommt, wenn man den Mund voller Essen hat oder bereits schon sehr müde ist, nutzen wir Zeit für ein paar Detailgespräche. Zum nachfolgenden Vortrag wollen wir aber wieder dabei sein.

Der nächste Tagungspunkt, “»Disclosure« – staatliche Vertuschung oder Manipulation der UFO-Szene? Eine alternative Perspektive auf die »Exopolitics«-Bewegung”, wird von Ingbert Jüdt bestritten. Großes Kino, ein inhaltlich genialer Vortrag mit Krimi-Elementen. Angelehnt an den aus der Finanzkrise stammenden Begriff »Dead Bank Walking« verwendet Jüdt die Bezeichnung »Dead Conspiracy Walking« für die Ereignisse um den amerikanischen Geschäftmann Paul Bennewitz und die „Desinformationsagentur“ der Air Force (AFOSI). Demnach wurde der paranoide Bennewitz nachdem er auf Geheimnisse des US-Militärs gestoßen war, bewusst von der AFOSI in seiner Paranoia bestärkt und somit Opfer eines Desinformations-Kampagne, die ihn von möglicherweise entdecktem Geheimmaterial ablenken sollte und ihn statt dessen in seiner eigenen Interpretatation bestärken sollte. Bennewitz glaubte zu diesem Zeitpunkt geheimes Material über UFOs und Außerirdische entdeckt zu haben. Dies machte man sich zunutze, in dem man ihn bewusst mit derartigen Falschinformationen fütterte. Hierzu wurde u.a. auch der bekannte UFO-Forscher William L. Moore (Autor von »Der Roswell-Zwischenfall«) geködert und rekrutiert.

Ingbert Jüdt analysiert nun, wie die Desinformation bewusst Schritt für Schritt in der Untergrund der amerkanischen UFO-Szene getragen wurde, die das Futter natürlich begiering zu sich nahm. Ein Selbstläufer. Im Zuge gefälschter Dokumente (Aquarius-Dokument), die den UFO-Forschern zugespielt wurden, tauchte auch zum ersten Mal der Begriff MJ-12 auf. Jüdts These nach aktivierte die Veröffentlichung der MJ-12-Papiere die kulturelle Disposition der Staatsparanoia (Begriff von Eva Horn, 2007) im Feld der UFO-Forschung. Dabei, das ist Jüdt wichtig festzustellen, bilden die MJ-12-Papiere einen konkreten Ansatzpunkt für die Logik des Verdachts. Das falsche Material, dass die UFO-Forscher erhielten, bestätigte sozusagen die bereits bestehende Überzeugung, dass die US-Regierung UFO-Geheimnisse verbirgt. Hier geht der Redner über zur Disclosure-Bewegung, die ebenfalls die Existenz und Anwesenheit der Außerirdischen als Ausgangspunkt sieht, anstatt den Beweis derselben als Zielpunkt.

Die Disclosure-Bewegung, die lt. Jüdt ganz offensichtlich „falsche Sachen“ (im Sinne gefälschter Informationen) schluckt,  bildet als geistige Vorläufer von Exopolitics somit die Brücke zur Exopolitik, deren deutscher Ableger gegenwärtig in der letzten Reihe des Raumes sitzt und den Vortrag mitfilmt. Jüdt kritisiert hierbei nicht die Lobbyarbeit der Exopolitik, die er als legitim bezeichnet, sondern verdeutlicht lediglich, dass es eine Spaltung der Wahrheitsbegriffe gibt, die zueinander kontrastieren. Demnach sieht er die UFO-Forschung als ergebnisoffen an (Optimalfall), während die Exopolitik einen völlig anderen Ausgangspunkt hat und die Existenz von Außerirdischen als gegeben voraussetzt.

Dieser hochinteressante Vortrag ist für mich der Höhepunkt. Jetzt schon. Auch die Zuhörer reagieren wohlwollend, manche sehr begeistert. Natale Guido Cincinnati fordert halb im Spaß den Anomalistischen Nobelpreis dafür. Niemand hat demonstrativ den Saal verlassen, weil Ingbert Jüdt an dessen Weltbild gekratzt hat, obwohl gerade im Umfeld der DEGUFO viele Personen agieren, die nicht nur, vereinfacht gesagt, in der Pro-Ufologie beheimatet sind, sondern auch esoterischen Ideen nahe stehen. Gemäß den zahlreichen Vorurteilen hätte das so mancher bestimmt nicht gedacht.

Robert Fleischer ist Koordinator der deutschen Exopolitik und hält seinen Vortrag über “Exopolitik – Perspektiven und Herausforderungen”. Fast ein Werbevortrag möchte man sagen, aber gut gehalten. Fleischer ist charismatisch und charmant zum Publikum, agiert gekonnt mit der Technik und verwendet viel Bildmaterial und sogar kurze Videofilme in seinem Vortrag. Ein für Erheiterung sorgendes satirisches Video nimmt die Darstellung des UFO-Themas in den Medien aufs Korn. Man merkt, dass Exopolitik erfahrene Medienprofis (zu denen Fleischer auch selbst gehört) mit an Bord hat. Sehr professionell aufgezogen das Ganze. Wenngleich inhaltlich nichts wirklich Neues oder zumindest Konkretes vermittelt wird, gibt Fleischer einen guten Überblick über die Ziele. Zum einen sieht sich Exopolitik mit dem ExoMagazin auch als Gegenpol zu Mainstream-Medien, welche das Thema nur polarisierend darstellen (herunterspielend oder sensationsheischend). Zum anderen möchte Exopolitik durch ihre Lobbyarbeit eine staatliche bzw. aus staatlichen Geldern bezahlte UFO-Forschung erzielen (uns das klingt ja nun wirklich wie Wahlwerbung!). Die öffentliche Wahrnehmung des Themas UFOs & Außerirdische soll vorangebracht werden (was immer das bedeuten mag).

Inhaltlich, soviel ist aber klar, mag es aufgrund der von Ingbert Jüdt in seinem vorhergehenden Vortrag noch einmal dargelegten Spaltung der Wahrheitsbegriffe keine Übereinstimmung geben können. In der anschließenden Diskussionsrunde, die als Podiumsdiskussion zwischen Ingbert und Robert angelegt ist, macht mein Kollege Mirko Mojsilovic bereitwillig den „Bad Guy“ und kritisiert Robert Fleischer und seine Initiative hart. Er wirft dabei den Medienprofis vor, ihre Informationen emotional zu verpacken und sich die Emotionen bewusst zu nutze zu machen. Ein Vorwurf, dem Fleischer nicht so ganz zu folgen vermag. Etwas wohlwollender (oder zumindest enthaltender) steht ihm der Rest des Publikums gegenüber. Fleischer versteht es hier auch ausgezeichnet, die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund zu rücken und nicht die Unterschiede. Auch sein Mitdiskutant Ingbert Jüdt, der natürlich einige Anmerkungen zu machen hat, geht nie unter die Gürtellinie oder provoziert (ganz der nüchterne Wissenschaftler eben). So ist diese Podiumsdiskussion zwar wenig krawallig, aber dafür sehr interessant. Erwartungsgemäß kommt man weder zu einem Ergebniss noch zu einem Konsens. Das ist  aber auch gar nicht Ziel. Der eigentliche Mehrwert zieht sich aus dem Gespräch selbst.

Nach dem Abendessen sitzen Teile der UFO-Forscher noch bis spät nachts im Restaurant bzw. nach dessen Schließung im Foyer und tauschen sich aus und diskutieren. Die Gespräche sind dabei so interessant oder spannend, dass sich die Müdigkeit –  der natürliche Feind nächtlicher Diskussionen – natürlich viel zu früh zu uns gesellt. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag.

Anmerkungen und weitere Eindrücke können gerne als Kommentar hinterlassen werden. Danke.


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